Michael Resch 2007
Erfolgreicher Sportler: Michael Resch ist Deutscher Meister im Golf für Menschen mit Behinderungen.                                FOTO: MARTIN KALB

Samstag, 6. Oktober  2007

SCHICKSAL / Nach einem schweren Motorradunfall ist der Bietigheimer Michael Resch gehandicapt

Mit Schwung zurück ins Leben

Mitte September gewann der 42-Jährige die Deutsche Meisterschafr Golfer mit Behinderungen

Michael Resch hat zwei  Ge- burtstage. Seinen normalen und den 8.  Juni. An  diesem Tag      überlebte    er      einen schrecklichen  Motorradunfall.  Geblieben sind ihm davon eine Gehbehinderung sowie   chronische  Schmerzen. Den Lebensmut konnte ihm das  aber nicht nehmen.

CAROLINE HOLOWIECKI

BIETIGHEIM-BISSINGEN       ■   Eine Goldmedaille liegt auf der Kaffeeta- fel im  großen Garten im  Bietighei- mer  Stadtteil Buch.  Angeknüpft ist sie  an  ein  Band  in  den  deutschen Nationalfarben. „Leider  ist sie nicht aus  echtem Gold“, sagt  ihr Besitzer Michael Resch lachend. Richtig, der  materielle Wert  dieser funkelnden Scheibe ist nicht hoch. Der  ideelle Wert  jedoch ist unbezahlbar. Diese  Medaille erzählt eine  Geschichte.

Diese  Geschichte beginnt so: Am

8. Juni  2000  befindet sich  Michael Resch wie so häufig auf einer Motor- radtour  in  den

Löw ensteiner Bergen.    Dann der  Unfall:  „Ich bin      aus      der  Kurve rausgeflo-

hat    ein    Handicap von  6,4.  Mitte  Sep-  tember  trat   er   bei der Deutschen Meis-  terschaft für  Golfer mit   Behinderungen in  Bad  Füssing  an.  Und hier kommt wie- der     die     Goldme- daille  ins  Spiel.  Da- mit  wurde Resch  als bester   Spieler   des  Amateurtur niers und Deutscher Meis-  ter ausgezeichnet.

Dieser  Mann  ist Sportler durch  und durch. „Vor meinem Unfall   war   ich   110

Prozent fit“, sagt  er. Wer  weiß,  vielleicht hat  ihm   diese phy-  sisch   optimale Ver- fassung  das   Leben gerettet. Die Begeis-  terung für  die  kör-  perliche    Ertüchti- gung   ist   bis   heute ungetrübt. Nur   mit  dem   Motorradfah- ren   hat    er   gebro- chen. Nicht, weil  er es       nicht      mehr könnte,      sondern weil er das Interesse daran verloren hat.

Was   wäre   gewe-

Andreas Hanke, Pleidelsheim

„Ja,  jeder   soll  für  seine  Rechte streiken  können.   Ich   selbst  bin  nicht betroffen, da urteilt man viel- leicht noch anders, das gebe  ich zu. Ich denke, beide Seiten werden sich  in der Mitte  treffen.“

gen,   durch  die Leitplanke   ge- kracht, 30 bis 40

Meter einen Abhang hinuntergefal- len  und dort  bewusstlos liegen  ge- blieben.“    Mit     dem    Helikopter kommt der Verletzte ins Katharinen- hospital nach Stuttgart. Die  Diag-  nose:  fünfter bis siebter Brustwirbel gebrochen,    offenes    Schädelhirn- trauma,  acht   Rippen kaputt  plus  mehrere   schwere   Beinverletzun- gen.  „Übermut tut  selten gut“,  sagt  Resch   mit   einem  schwachen  Lä- cheln.  Dann  fügt   er   hinzu:  „Ich habe mir alles gebrochen, was man sich  brechen konnte. Nur  die Arme blieben heil.“ Mehrere Wochen liegt der  Patient im  künstlichen Koma,

muss beatmet  werden. Richtig   zu sich kommt Resch erst wieder in der  Orthopädischen Klinik Markgrönin- gen. Dort  wird  er entsprechend der  Diagnose   behandelt:   kompletter Querschnitt,  Lähmung. Ein  Wort,  das  dem heute  42-Jährigen jedoch niemals in den  Sinn  gekommen ist:

„Ich  habe nicht eine  Sekunde ge- dacht,  dass    meine  Beinen  mich nicht mehr tragen werden.“

Therapie-Marathon

Und   tatsächlich:  Die   Diagnose Querschnittslähmung stellt  sich  als falsch   heraus.  Resch   erklärt:  „Ich habe mir  den   Rücken gebrochen, doch die Nerven wurden nicht ganz

durchtrennt,  sondern die  meisten nur  gequetscht.“ Was  folgt,  ist  ein  Therapie-Marathon: neurologische und  physiotherapeutische  Übun- gen,  immer und immer wieder. „Es war    unheimlich   mühsam.   Aber man  entwickelt   einen  Galgenhu- mor,  man kann es ja nicht ändern“, so der  Bietigheimer. Die ersten vier Monate lang  ist Resch  auf den  Roll- stuhl angewiesen – nichts, was  ihn  davon abhält, am  Leben teilzuneh- men: „Ein  Freund hat  mich durch den    Pferdemarkt  geschoben.  Ich war   mir   immer  sicher,  dass   das  nicht endgültig ist.“

Trotzdem:   Michael   Resch     ist heute zu 90 Prozent unbefristet und außergewöhnlich     gehbehindert,

wie   es   im   Fachjargon  heißt.  Bis heute hat er eine Spastik im rechten Bein.  Das  bedeutet, dass   ihm   die dortigen Nerven nicht mehr richtig gehorchen,  das   Bein   oft   krampft oder  unkontrolliert  zuckt   und  er große   Anstrengungen  vollbringen muss,  um   Bewegungsabläufe kor-  rekt   durchzuführen.  Hinzu  kom-  men chronische Schmerzen in den  Knien  und im Rücken.

Handicap 6,4

Aber er läuft.  Er arbeitet. Er fährt  Auto.  Er radelt. Und  er  spielt Golf, wie vor 20 Jahren schon, als er die-  sen   Sport   für   sich   entdeckt  hat.  Resch  ist Mitglied im GC Neckartal,

sen,  wenn er in dieser einen Kurve nicht zu schnell gefahren wäre – sol- che Fragen stellt sich Michael Resch  nicht. Er lebt im Hier und Jetzt. „Ich nehme alles  viel  leichter und bin  viel ruhiger geworden. Stress  lasse  ich nicht an mich ran.  Man  lebt viel bewusster   und    nimmt    andere Dinge wahr“, sagt er. Für den Behin- dertensport  wünscht sich  der  Gol- fer  eine  größere Lobby,  „da  ist  gar nicht los“, wobei er auf so gutem Ni- veau  spielt, dass  er es leicht mit ge- sunden Sportlern aufnehmen kann. Der   Bietigheimer  sagt:   „Ich   fühle  mich nicht behindert. Ich lasse  den  Kopf nicht hängen, sondern mache das  Beste  daraus. Die  Flucht nach vorne ist immer die beste.“

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